Sonntag, 5. August 2018

Inklusive Imam*innen-Ausbildung


Am 1. September beginnt der neue Jahreskurszyklus beim Institut CALEM zur Aus- und Weiterbildung inklusiver Imam*innen und Multiplikator*innen in progressiv-inklusiven Gemeinden. Zwei Fernlern-Kurse in englischer und französischer Sprache stehen zur Verfügung.


Seit letztem Jahr habe ich Kontakt zum Institut CALEM (www.calem.eu) in Frankreich und seinem Initiator, Imam Ludovic-Mohamed Zahed. Aus dem Kontakt zu ihm und anderen studierenden Muslim*innen wurden Freundschaften, erwuchs wertvolle INspiration und unbezahlbare Verbundenheit. Jetzt habe ich die ehrenvolle Gelegenheit, mich im neuen Jahreskurszyklus des Instituts mit einzubringen, CALEM zu unterstützen ... und damit auch die Aus- und Weiterbildung inklusiver Imam*innen und Gemeinde-Multiplikator*innen.

Drei Wochenenden und zwei Kurse


Prolog und Auftakt für den Jahreszyklus wird ein Trainingswochende in Marseille vom 23. bis 26. August 2018 sein, das sich hauptsächlich aber nicht exklusiv um qur'anische Studien und Aspekte dreht (siehe auch das Bild zum Artikel). Das eigentliche Lehrjahr 2018/2019 beginnt mit dem 1. September 2018 und endet in der ersten Hälfte Juni 2019. Angeboten werden zwei Kurse in zweiwöchentlichen Skype-Konferenzen sowie übergreifende Online-Vorträge und mindestens zwei Workshop-Wochenenden. Alle diese Angebote finden zweisprachig englisch/französisch statt.

Der "Level 1"-Kurs behandelt grundlegende progressiv-inklusive, islamische Inhalte und Werte sowie eine intensive Beschäftigung mit der Position und den Aufgaben von Imam*innen in muslimischen Gemeinden.

Der seit diesem Jahr neu hinzugekommene "Level 2"-Kurs dreht sich um zeitgemäße und progressiv-inklusive Qur'an-Wissenschaften und -Exegese.

Über das Jahr verteilt werden die Studierenden Gelegenheit haben, an sechs Online-Vorträgen von namhaften Vertreter*innen der weltweiten progressiv-inklusiven Islam-Community teilnehmen zu können.

Voraussichtlich Ende Dezember 2018 und Anfang Juni 2019 werden zudem zwei Trainingswochenenden veranstaltet, bei denen sich die Studierenden real treffen und gemeinsam lernen können.

Bei Interesse: Bitte Kontakt aufnehmen


Wenn Du Interesse am Institut CALEM und seinen Bildungsaktivitäten hast, dann nimm' bitte Kontakt per E-Mail unter

info@calem.eu

auf. Gib dabei bitte ein paar Informationen zu Deiner Person und Deinem Hintergrund an; CALEM nimmt dann umgehend Kontakt zu Dir auf.



[Bildnachweis: (c) Ludovic-Mohamed Zahed / CALEM ]

Freitag, 3. August 2018

Freitagsimpuls: Konvertiten und Kasten


Freitagsimpuls zum 3. August 2018

»Ändere lieber erst Mal deinen Namen, bevor du eine Sache infrage stellst bei dem du dich zurückhalten solltest, vorallem als neu Konvertierter.«
(aktueller Facebook-Kommentar)


Facebook ist perfekt geeignet als Plattform für orthodoxe Muslim*innen und Propagandist*innen. In diversen Gruppen des sozialen Netzwerks werden erzkonservative, stark salafistisch oder wahabistisch geprägte Ansichten gepostet, in manchen Gruppen in Form von copy-&-paste-Fatwa-Postings im Minutentakt. Dabei wird ein klares Kasten-System vertreten, in dem Konvertit*innen üblicherweise die niedrigste Stufe der Muslim*innen bilden.

Die Kasten im orthodoxen Social-Media-Islam


Geht es nach den Multiplikator-Profilen in der muslimischen Facebook-Gruppen-Landschaft, so bilden ganz selbstverständlich Propheten, Kalifen, Nachfolger-Imame und andere (mehr oder weniger politischen) Über-Repräsentanten die oberste Kaste - eine quasi tote Kaste, denn üblicherweise sind diese Leute bereits gestorben.

Die nächste Kaste ist die der Ulamā, der islamischen Gelehrten. Auch diese: oftmals bereits gestorben. Egal, wann ein Gelehrter gelebt hat, ob seine Ansichten anerkannt oder umstritten waren, ob er offensichtlichen Blödsinn oder weise Worte von sich gegeben hat, ein Gelehrter wird im "Social-Media-Islam" immer als wichtiger dargestellt als ein*e "normale" Muslim*in. Diese sollten keine Meinung haben, denn die Gelehrten seien zuständig, nur die Ulamā seien befähigt, sich eine Meinung zur göttlichen Rechtleitung bilden zu dürfen. Den Gläubigen wird damit die Rolle von Meinungslosen zugewiesen, wobei die Facebook-Islam-Multiplikatoren entscheiden, welche Meinung welches gelehrten gerade zur aktuellen Propaganda passt.

Kaste Nr. 3 sind Imame, Scheikhs, Hodschas, Funktionäre und Prediger, die entweder von Multiplikator-Profilen oder auch voneinander Promotion erhalten.

Die vierte Kaste sind die "ordentlichen", üblicherweise "geborenen" Muslim*innen, deren Rang im Social-Media-Ranking aus Abstammungsgründen (und damit aus rassistischen Gründen!) immer über der Kaste Fünf steht: Den Konvertiten. Ihnen wird quasi "verordnet", ahnungslos und damit rechtlos zu sein. Sie sollten still und ruhig sein, keine Meinung vertreten und erfürchtig den oberen Kasten lauschen. Ihnen wird - egal wie lange sie in der Religion sind oder wieviel Wissen bzw. Erfahrung sie gesammelt haben - üblicherweise keinerlei Kompetenz zugestanden. Wenn man* als Muslim*in nicht geboren wurde, dann kriegt man* früher oder später autmatisch einmal die "Konvertiten-Keule" ab.

Die unterste Kaste im Weltbild der islamischen Social-Media-Multiplikator-Profile sind natürlich die Kuffar, die Ungläubigen, die Westler, die Feinde, whatever.

Die Social-Media-Kasten als faschistoides System


Aus meiner Sicht ist diese Form der Einteilung der Menschen faschistoid und daher aus islamischer Sicht völlig abzulehnen. Es widerspricht der göttlichen Botschaft aus dem Qur'an, dass die Rechtleitung Gottes für alle Menschen gedacht ist. Und es widerspricht auch der Aufforderung, nicht blind Vordenkern zu folgen, sondern sich eine eigene Meinung zu bilden. Eine unkritische bis kritiklose Nutzung bzw. Missbrauch von Überlieferungen und Meinungen von islamischen Persönlichkeiten ist unethisch und dient überlicherweise nur politischen oder egostischen Gründen (letztere speisen quasi "den Sheytan"). Zumeist völlig unbekannte (oft auch völlig informationsarme) Internet-Profile versuchen, uns Gläubigen eine Auslegungs- und Meinungsdoktrin anzutragen. Damit wird ein copy&-paste-Islam perpetuiert, der nichts mit der tatsächlichen Religion der Hingabe und Liebe und Barmherzigkeit zu tun hat, sondern eher mit der Kontrolle von Meinungen, mit Regeln, mit Dogma.

Speziell der Umgang mit Konvertiten (schrecklicher Begriff!!!) muss in Deutschland dringend anders werden. Die Einteilung der Ummah in Muslime erster und zweiter Klasse ist unislamisch, entspricht nicht der Botschaft Gottes und schon gar nicht unseren heutigen Vorstellungen von Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit (alles drei übrigens auch mögliche hermeneutische Schlüsselbegriffe, die zur Auslegung des Qur'an herangezogen werden können).

Wehren wir uns als gegen das "islamische" Kasten-System im Internet. Wenn nicht mit Worten, dann vielleicht doch indem wir die jeweiligen Facebookgruppen verlassen. Oder zumindest in unseren Herzen.



[Bildnachweis: Ausschnitt aus https://pixabay.com/de/sternenhimmel-kirche-kapelle-kreuz-1246272/ ]