Freitagsimpuls zum 20. Juli 2018
Ein zentraler Aspekt der muslimischen Spiritualität ist zweifelsohne die Beschäftigung mit dem
Qur'an (eingedeutscht: Koran), der Sammlung von den an den Propheten Mohammed (Fsai) offenbarten göttlichen Botschaftstexten. Der Qur'an stellt einen wichtigen Bestandteil der spirituellen Unterstützung durch Allah dar und gilt als direkt überliefertes Wort Gottes an die Menschen (wichtig dabei: nicht nur an die arabischen Menschen!).
Ich möchte im heutigen Freitagsimpuls kurz auf die Wertbedeutung des Qur'an innerhalb der Ummah (der muslischen Gemeinschaft) eingehen.
Wie entstand der Qur'an, den wir heute lesen?
Ich will nicht das, was in Büchern und Artikeln hundertfach zu lesen ist, hier wiedergeben, nur um bereits anderweitig bekannte Informationen in Form einer adaptierten Kopie als meinen Text zu präsentieren. Daher fasse ich nur einige Eckpunkte zusammen, dann komme ich nämlich schneller an den Punkt, der mir wirklich am Herzen liegt mit meinem Impuls.
Bereits während Mohammed die ihm offenbarten Verse durch Rezitation veröffentliche, also öffentlich wiedergab, gingen seine Gefährt*innen und Anhänger*innen daran, die Texte für die Zukunft zu "sichern". Sie memorierten die Verse und schrieben sie teilweise auch auf. Aus der Gänze dieser Quellen entstand unter Mohammeds Nachfolgern Buchsammlungen der Verse in Form normierter Transkripte, die fortan als Grundlage zur Vervielfältigung - zunächst per Hand, später natürlich mittels Buchdruck - dienten.
Wenn wir also heute eine gedruckte Ausgabe des Qur'an in die Hand nehmen, dann nehmen wir das Ergebnis von 14 Jahrhunderten menschlicher Überlieferung und Arbeit in die Hand.
Der Wert hunderttausender Leben
Über die Jahrhunderte hinweg haben hunderttausende Menschen, wenn nicht mehr, Zeit und Energie darauf verwandt, sich hilfreich mit dem Qur'an zu beschäftigen. In frühen Zeiten der Ummah haben Schreiber abertausende Kopien des Qur'an hergestellt, später waren Menschen mit der Einrichtung der Buchdruckwerkzeuge und dem händischen Binden von gedruckten Ausgaben beschäftigt, dann kam die Zeit der ersten Übersetzungen und Übertragungen, und auch heute sind Leute damit umfangreich beschäftigt, Qur'an-Ausgaben digital vorzubereiten und entweder geruckt oder auch digital zu veröffentlichen. Wenn ich heute ein Exemplar des Qur'an in die Hand nehme, nehme ich die Arbeit huntertausender Menschen aus vierzehn Jahrhunderten in die Hand - von der göttlichen Botschaft einmal abgesehen.
Keine Frage: Dem Inhalt des Qur'an als Teil von Allahs Rechtleitung und Unterstützung gebührt die höchstmögliche Anerkennung, Dankbarkeit und Respektbezeugung. Aber auch das Wirken aller Menschen, die an der Verbreitung des Qur'an beteiligt waren und sind, trägt zum Wert des Qur'an bei. Denn der Qur'an ist ja die Botschaft Gottes an die Menschen und als Gottes Stellvertreter auf Erden tragen sie zu der Pflege von Allahs Botschaft bei.
Gottesbotschaft und Menschenwerk
Das physische Buch "Qur'an" symbolisiert und transportiert also nicht nur Allahs Botschaft, sondern auch die Arbeit so vieler Menschen, die uns die spirituelle Beschäftigung mit dem Qur'an erst ermöglichen. Das Werk der Menschen addiert sich also zum Wert des Qur'an hinzu. Jeder Handgriff, jede Versübersetzung, jeder Kommentar und jede INterpretation gebührt unsere Wertschätzung.
Die Bewusstmachung dieser (kleinen) "Werterhöhung" finde ich inspirierend, denn sie zeigt uns auf, dass es durch den gedruckten und verbreiteten Qur'an eine haptisch spürbare Verbindung zwischen Allah und den Menschen gibt. Der Qur'an ist damit eine Manifestation unserer Verbundenheit mit Gott.
Ω
[Bildnachweis: https://pixabay.com/de/heiliger-koran-ramadan-heilig-monat-1528446/ ]
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